Mobilität der Zukunft im Fokus

Seele und Struktur in Sachdokus, Reisereportagen, Portraits

Zum dritten Mal bestritt die hessische Gemeinde Fuldabrück im Landkreis Kassel den Auftakt für die fünf Bundesfilmfestivals im BDFA. Gastgeber waren der BDFA Hessen mit dem Film- und Videoclub Fuldabrück, der Landrat als Schirmherr und der Bürgermeister. Das Bürgerhaus Fuldabrück-Bergshausen war erneut Austragungsort und bot vom 12. bis 14. April 2019 ein abwechslungsreiches Programm. Nahezu die Hälfte der 40 dokumentarischen Filme entführte das Publikum auf eine Reise in teils exotische Welten: von der Karibik zur Südsee, von Nordamerika in den Südatlantik, zum Beispiel nach Zentralafrika, Panama, Finnland, in den Oman. Zu erleben waren ein Städtetrip in Stockholm, im Landschaftsportrait die Kurische Nehrung und der Wilde Weste(r)n, wie wir ihn kennen und er wirklich ist. sowie ein Roadmovie durch den Himalaya. Für Filmer wie Reisende ein Augenschmaus.

Autoren aus Nord und Süd, West und Ost boten in Sachdokus aus den Bereichen Zeitgeschehen, Porträt, Familie, Lokales, Kunst und Technik kleine Geschichten, die das Leben schreibt: Verkehrswesen, Schafhaltung, Küstenschutz, Entwicklungshilfe, Zeitmessung … Das Themenspektrum reichte von der Begabung eines jungen Menschen über die Laugenbrezel bis zur letzten Zugfahrt vor Streckenstilllegung.

Manch durchaus unterhaltsamer, gut illustrierter Film war gestalterisch jedoch nicht immer gelungen, ließ Atmosphäre und Seele vermissen. Das analysierten die Juroren Renate Korte, Helmi Hansen, Rainer Drews, Uwe Germar und Manfred Krause unter Leitung von Adalbert Becker im unterhaltsamen Disput. Stärken und Schwächen hoben sie kompromisslos hervor. Auffällig kritisch äußerten sie sich zu Problemen der dramaturgischen Struktur. Da gab es oftmals Luft nach oben, insbesondere bei der Montage. Warum nur linear erzählen, fragten sich die Juroren, „Chronologie ist meist nicht spannend!“. Schade, wenn dies erst auf Bundesebene bemerkt wird. Die Jury vergab ihre Preise streng und konsequent an nur 21 Filme: 15mal Bronze und fünf Mal Silber. Die einzige Goldmedaille gab es für „Der Wald ist ihre Heimat“. Doris & Cord von Restorff beeindruckten mit authentischen Einblicken in das Leben der Pygmäen im Urwald Kameruns. Der Film zeigt hautnah Emotionen und Hoffnung für die Zukunft.

Ein aktuelles gesellschaftliches Problem greift Gerhard Kreysa vom Wiesbadener Filmkreis in seiner Doku „wenn möglich bitte wenden“ auf, in der er beweist, dass die Zukunft einer nachhaltigen Mobilität mit der Brennstoffzelle bereits begonnen hat. Durch hervorragende Recherche und Aufbereitung gelingt dem Autor mit akribisch-aufklärerischen Schaubildern ein parabolisch hochpolitischer Film. Eine weitere Silbermedaille ging an Ilke Ackstaller für „Unterwegs in Changthang“ - Begegnungen mit Menschen und Tieren in faszinierender Landschaft auf abenteuerlicher Reise über die höchsten Pässe im Himalaya. Edelmetall sowie den Sonderpreis des Bürgermeisters der Gemeinde Fuldabrück gewannen Heinz-Jürgen & Hildegard Krüger für ihre „Route des Grandes Alpes“ – unterwegs mit dem Camper auf einer der berühmtesten Alpenstraßen vom Genfer See zum Mittelmeer. „Ein Roadmovie zum Miterleben, persönlich und authentisch, sehr guter Bildaufbau, hervorragend kommentiert, schön gestalteter Titel und informativer Routenverlauf, kleine Miniaturgeschichten, die das Interesse wecken“, so die Jury.

Silber erhielten ebenso „Das Fernsehen kommt…“ von Klaus Menzer, der auch den Publikumspreis gewann und den vom Landrat gestifteten Pokal von Bürgermeister Dieter Lengemann entgegennehmen konnte, sowie der Film „Sommer im Garten“, in dem Nora Mazurek ihren Opa emotional in den Herbst des Lebens begleitet.

Zu den Deutschen Filmfestspielen DAFF 2019 in Wiesbaden weitergemeldet wurden acht Filme. Neben dem Gold-Film qualifizierten sich drei Silber-Filme: „wenn möglich bitte wenden“, „Route des Grandes Alpes“ und „Unterwegs in Changthang“ sowie vier besondere, mit Bronze ausgezeichnete, Filme: „Segen oder Fluch?“ von Manfred Hennig (Bad Liebenwerda), der ein Wunderwerk der Technik in Panama filmisch spannend gestaltet hat, die lyrisch-philosophische Betrachtung „Echoes Of The Past – Delos“ von Bernhard & Barbara Zimmermann, die liebevolle Betrachtung eines Handwerks in „Das Kokos-Seil“ von Hansueli Holzer, sowie der flott geschnittene Clip „AIDA – open stream“ von Tin Brendel (Erfurt), der sich moderner Werbeästhetik bedient und bewusst mit Perspektiven spielt.

Am Freitag war eigens aus Bayern BDFA-Präsident Marcus Siebler angereist, um den Reigen der Bundesfilmfestivals zu eröffnen. Er dankte den Ausrichtern, die sich mit viel Herzblut engagieren. Die DOKU habe sich hier mittlerweile gut etabliert. „Die Autoren sind unsere Stars“, freute sich der Präsident, und dass die besten Filme in Hessen nochmals gezeigt werden – auf den DAFF in Wiesbaden. Bürgermeister Dieter Lengemann zeigte sich in seiner launigen Ansprache zum Abschluss sehr angetan über die ausgezeichneten Filme: „Es hat mir viel Spaß bereitet, ein sehr lehrreiches tolles Festival, ich freue mich schon aufs nächste Jahr und lade alle wieder herzlich ein.“

Hans-Werner Kreidner